Bezahlbares Wohnen ist eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit, auch in Dortmund. Doch die Mieten steigen, Sozialwohnungen verschwinden, und Menschen mit geringem Einkommen werden verdrängt. In den letzten vier Jahren sind die Angebotsmieten in Dortmund um 17 Prozent gestiegen, wie Zahlen der Empirica Preisdatenbank zeigen. Zudem liegt die Leerstandsquote mit knapp unter 2 Prozent unter den von Fachleuten empfohlenen 3 Prozent, was auf einen angespannten Wohnungsmarkt hindeutet. Dass sich die Lage ohne entschlossenes politisches Handeln weiter verschärfen wird, zeigt eine Studie der NRW.Bank: Hiernach fallen bis 2030 41,2 Prozent der Sozialwohnungen in Dortmund aus der Preisbindung und können dann zu Marktpreisen vermietet werden.
„Das Thema Wohnen gehört ganz oben auf die kommunalpolitische Agenda“, betont Susanne Neuendorf, Geschäftsführerin des DMB Mieterbund Dortmund e.V., Mieterschutzverein, „Wer zur Kommunalwahl antritt, muss sagen, wie er oder sie bezahlbares Wohnen sichern will und kann nicht nur auf Bund und Land verweisen. Alle politischen Ebenen können und müssen ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen leisten.“
Zwar sind Bund und Länder für das Mietrecht und die Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung verantwortlich, doch auch die Kommune verfügt über Instrumente eine soziale Wohnungspolitik zu stärken.
„Eine wichtige Stellschraube für eine soziale kommunale Wohnungspolitik sind Dogewo21 und DSG. Der öffentliche Wohnungsbau muss ausgeweitet werden und soll allein der Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum dienen. Zudem kann die Kommune bei Neubauprojekten Vorgaben zum Anteil von Sozialwohnungen machen. Eine Quote von 50 Prozent ist notwendig, da in den kommenden Jahren viele Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen. Völlig inakzeptabel ist es zudem über einen teilweisen Verkauf der kommunalen Bestände nachzudenken“, so Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher des Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.
„Zu uns kommen immer mehr Menschen, die mit ihren Wohnkosten überfordert sind. Wir brauchen die Stärkung der Fachberatung zur Vermeidung und zum Abbau von Wohnungslosigkeit. Der Verlust der Wohnung ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Präventiv Wohnungsverluste zu vermeiden, ist daher erstes Mittel der Wahl. Falls das nicht möglich ist, schnell eine neue Wohnung zu beschaffen, braucht es ein strukturiertes Angebot bei uns in Dortmund. Die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ bietet beides erfolgreich. Wir sehen den nächsten Stadtrat in der Pflicht, das Angebot nachhaltig im kommunalen Haushalt zu verankern. Falls das nicht gelingt, fällt dieses Angebot ersatzlos weg. Eine Lücke, die von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen direkt trifft“, erläutert Tim Hammerbacher, Geschäftsführer der AWO Dortmund.
„Durch die hohen Wohnkosten haben Beschäftigte Probleme eine bezahlbare Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle zu finden. Das führt zu erhöhtem Verkehrsaufkommen und Unternehmen haben Schwierigkeiten, Fachkräfte anzuwerben. Eine soziale Wohnungspolitik entlastet die Verkehrsinfrastruktur und ist Teil kommunaler Wirtschaftsförderung. Diese Zusammenhänge müssen bei kommunalen Investitionsentscheidungen mitgedacht werden,“ betont Bärbel Sumagang, Geschäftsführerin DGB-Region Dortmund-Hellweg.
"Insbesondere von Diskriminierung Betroffenen wird der Zugang zu Wohnraum bei einem angespannten Wohnungsmarkt erschwert. Ein schwaches Gleichbehandlungsgesetz - wie das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in seiner aktuellen Form - bietet ihnen unzureichende Möglichkeiten, sich zu wehren. Eine umfassende Reform des Gesetzes sowie eine breit ausgebaute Beratungs- und Unterstützungslandschaft kann hier die Situation deutlich verbessern. Es bedarf Veränderungen auf kommunaler Ebene mit der Schaffung von Beratungsstellen, auf Landesebene mit einem Landesantidiskriminierungsgesetz und auf Bundesebene mit einer Reform des AGG“, ergänzt Andreas Schruba Dias, von der Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit der Planerladen gGmbH, Mitglied im Paritätischen NRW.
Hintergrund:
Die Mietsteigerungen beziehen sich auf die Angebotsmieten. Sie sind ein Indikator für die Preisdynamik des Mietwohnungsmarktes und spiegeln die aktuelle Marktlage wider. Stark steigende Angebotsmieten erschweren Umzüge und Mobilität; sie führen dazu, dass Menschen weite Pendelwege zur Arbeit zurücklegen und / oder in Wohnungen bleiben, die nicht zu ihrer Lebenssituation passen.
Mit Leerstand ist hier der marktaktive Leerstand gemeint. Das bedeutet, dass diese Wohnungen innerhalb von drei Monaten bezugsfertig sind. Eine Leerstandsquote von etwa 3 Prozent wird als Indikator eines „gesunden Wohnungsmarktes“ gesehen. Schon geringe Abweichungen nach unten erhöhen den Konkurrenzdruck bei der Wohnungssuche. Besonders für Menschen mit wenig Einkommen oder ohne festen Wohnsitz verschärft das die Situation erheblich. Die Zahlen sind den neuesten Zensusdaten von 2022 entnommen.
Die Angaben zum Sozialwohnungsbestand beziehen sich auf den Zeitraum von 2024 bis 2030. In vielen Fällen werden weniger Sozialwohnungen gebaut als aus der Bindung fallen, weswegen der Bestand weiter abnimmt.
Das NRW-Aktionsbündnis „Wir wollen wohnen!“ ist ein Zusammenschluss bestehend aus Deutscher Mieterbund NRW e.V., Deutscher Gewerkschaftsbund NRW, Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW e.V., Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW, Caritas in NRW, Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Sozialverband Deutschland NRW e.V., Sozialverband VdK NRW e.V. Wir setzen uns ein für den Erhalt und den Ausbau des Mieterschutzes in NRW und für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum.